Aus den Einkaufsstraßen der Ruhrgebietes-Metropolen sind sie kaum noch wegzudenken: die Straßenmusiker – mal rockig, mal poppig, mal gut, mal schlecht – und mal einfach nur nervig. Doch das Bild des verwahrlosten Studenten, der sich seine paar Kröten auf der Straße zusammenmusizieren muss, ist längst überholt.

Der Straßenmusikant von heute sieht seine Tätigkeit als vollwertigen Beruf, hat mindestens eine professionell produzierte CD in petto, macht auf der Straße Werbung für seinen durchdesignten Internetauftritt und gibt abends offiziell organisierte Auftritte in Pubs und Kneipen; die Gigs werden per E-Mail gebucht und gearbeitet wird strikt nach Terminplan.

Einer der Vertreter dieser Berufsgattung ist Lukas Schlattmann (29) aus Haltern am See. Angefangen hat alles im Jahr 1995: Während der damalige Hobbygitarrist Lukas in Berlin Medientechnik studierte, sprach ihn sein Kommilitone Chris Geletneky an, ob er nicht mit ihm zusammen auf der Straße musizieren wolle. Lukas fand schnell Gefallen daran. Mit einem rockigen Programm aus Evergreens von den Beatles, den Stones und Crosby, Stills & Nash starteten die beiden Musiker von Berlin aus zwei kleine Tourneen durch die Einkaufszentren der Republik. „Mich hat die Straßenmusik so gepackt, dass ich ihr treu geblieben bin! Chris allerdings ist heute Witze-Schreiber für Anke Engelke …“

Lukas beendete sein Studium 2001 erfolgreich und tingelt seitdem von Haltern aus durch die Großstädte des Ruhrpotts. Ein „bürgerlicher Job“ stand für ihn nie zur Debatte: „Für kurze Zeit arbeitete ich als freier Mitarbeiter bei einem münsterländischen Lokal-Radio. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass ich das Geld für einen Radiobeitrag mit der Straßenmusik viel schneller einspiele! Außerdem hat mir die Musik eh mehr Spaß gemacht“. So recht will Lukas aber nicht auspacken, wie viel denn nun ein hauptberuflicher Straßenmusiker verdient: „Wenn es verdammt schlecht läuft, mache ich zehn Euro die Stunde. Über mein Einkommen kann ich mich nicht beklagen.“

Drei Stunden täglich schmettert Lukas stimmengewaltig mit der Gitarre um den Hals die Rockhits der letzten Jahrzehnte den shoppenden Menschen entgegen. „Ich liebe es, wenn die Leute stehen bleiben und mir zuhören; gelegentlich fängt der ein oder andere ja auch an zu tanzen. Ich freue mich aber natürlich auch, wenn mir die Leute einfach nur Geld in meinen Gitarrenkoffer werfen.“ Lukas‘ Münzsammlung sprengt bereits jegliche Dimensionen und enthält die kuriosesten Währungen; alte DM-Stückewerden z. B. gern bei Lukas entsorgt. Und auch so manche Visitenkarte eines weiblichen Fans mit eindeutigem Angebot fand sich schon in Lukas‘ Koffer wieder; außerdem, schon zweimal, kleine Hasch-Klümpchen – wohlmeinende Seelen hatten sie ihm zu den Tageseinnahmen geworfen.

Doch auch wenn Straßenmusiker von ihrer Freiheit, Flexibilität und der Leichtigkeit des Seins schwärmen, auch ihr Leben ist gewissen Gesetzen unterworfen: Offiziell dürfen Straßenmusiker nämlich nur eine halbe Stunde an ein und demselben Ort musizieren, dann müssen sie weiterziehen. Dieses Prinzip wird von den Ordnungsämtern jedoch recht unterschiedlich angewandt: „Am extremsten wird in Münster und Düsseldorf kontrolliert. Da darf man nur von halb bis voll spielen, danach ist man zu einer halbstündigen Ruhepause verpflichtet. Bei Verstößen wird der Musiker sogar vor die Stadtmauern verbannt! In Münster ist mir das schon zweimal passiert.“ Im Gegensatz dazu ist Dortmund ein wahres Straßenmusik-EI-Dorado: Dort darf Lukas auch mal zwei Stunden am Stück spielen. Wieder anders läuft’s in Bochum: Dort muss eine Ausnahmegenehmigung vom Umweltamt für fünf Euro eingeholt werden. „Wenn man Pech hat, spielt man allein eine halbe Stunde, um das Geld für die Genehmigung wieder reinzuholen. Deshalb bevorzuge ich grundsätzlich Dortmund!“ Aber: „Man darf dieselbe Stadt nicht zu oft bespielen, sonst brechen die Einnahmen ein. Glücklicherweise bediene ich mit handgemachtem Rock und Pop aber eine Marktlücke. Von den Straßenmusikern mit klassischem Repertoire oder Playback hebe ich mich jedenfalls deutlich ab!“

Lukas live:
8.8. (ab 15 Uhr) Fußgängerzone Westerhellweg, Dortmund; 9.8. (ab 12Uhr) Fußgängerzone, Essen; 11.8. (ab 11 Uhr) Fußgängerzone Westerhellweg, Dortmund; 13.8. (ab 19 Uhr) Restaurant Rapen, Oer-Erkenschwick; 15.8. (ab 15 Uhr) Fußgängerzone Ludgeristraße, Münster; 18.8 (ab 11 Uhr) Fußgängerzone Westerhellweg, Dortmund; 20.8. (ab 19 Uhr ) Restaurant Rapen, Oer-Erkenschwick; 22.8. (ab 15 Uhr) Altstadt (Flingerstr.), Düsseldorf; 27.8. (ab 19 Uhr) Restaurant Rapen -Termine in Fußgängerzonen sind wetterabhängig!

Infos unter www.radiolukas.de

Quelle: Coolibri, S.14
Datum: 25.07.2003
Autor: Text+Fotos: Frank Schürmann

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