Mit dem Klavier in knalligem Türkis ist Lukas Schlattmann am Brandenburger Tor ein Hingucker und Hörgenuss für die Touristen. Seit 25 Jahren ist er jetzt unter dem Namen Radio Lukas als Straßenmusiker unterwegs. Zeit für eine Namensänderung, wie er findet – und nennt sich ab jetzt „Piano to go“.      Foto: Lukas Schlattmann.

 

Davensberg – Seit 25 Jahren macht Lukas Schlattmann als Radio Lukas Straßenmusik. Zu seinem Dienstjubiläum benennt sich der Davensberger jetzt aber um. Als „Piano to go“ ist Schlattmann in Berlin mit einem Klavier in Türkis auf einem Fahrradanhänger unterwegs.

Straßenmusik statt Radiokarriere

Die Straßenmusik hat den Lebensweg des 51-Jährigen geprägt. Doch eigentlich war alles mal anders geplant: Anfang der 2000er-Jahre zog Schlattmann nach Berlin, um seine Diplomarbeit in Medientechnik zu schreiben. Doch statt Texte zu tippen, griff er damals zur Gitarre – und entdeckte die Straße als Bühne. Das Diplom holte er später in Münster nach. Eine klassische Radiokarriere, die er ursprünglich anstrebte, reizte ihn bald nicht mehr. „Da brauchte man zu viele Ellenbogen“, sagt er rückblickend. Stattdessen bevorzugte Schlattmann die Straße und die Musik.

Von jedem Ort, an dem er spielt, macht Lukas Schlattmann ein Selfie und teilt es in den Sozialen Medien.   Foto: Lukas Schlattmann


Seitdem hat ihn seine Musik an viele spannende Orte geführt. Er spielte in Münster unter den Arkaden, auf dem Markt in Lüdinghausen, im benachbarten Werne sowie in Soest, in Zügen, auf Schiffen – nur das Flugzeug fehlt ihm noch. Erst im Sommer tourte er entlang der dänischen Küstenorte, im Oktober zieht es ihn nach Ligurien in Italien.

In der Polizeiwache vorgespielt

Und unterwegs erlebt er so manche kuriose Episode. „In Lausanne musste ich zum Beispiel mal in einer Polizeiwache vorspielen“, sagt er und ergänzt: „Die Beamten wollten sichergehen, dass ich wirklich mehr als ein Stück spielen kann.“ Auch in München, wo er einmal im Englischen Garten auftreten wollte, kam es zu einer ähnlichen Szene: Bevor er dort offiziell spielen durfte, musste er beim Ordnungsamt erst beweisen, dass er tatsächlich Klavier spielen kann. „Das war fast wie ein Casting“, erzählt er lachend. Was ihn antreibt, ist die unmittelbare Begegnung mit dem Publikum. „Die Leute beklatschen am liebsten ihr eigenes Gedächtnis“, sagt Schlattmann schmunzelnd. Deshalb spielt er Songs, die Erinnerungen wecken – von den Beatles bis Coldplay, aber auch neoklassische Stücke und eigene Kompositionen. Seine Musik ist oft instrumental, bei einigen Stücken setzt er auch seine Stimme ein. „Aber eine Stimme polarisiert mehr als ein Klavier“, weiß er aus Erfahrung und setzt daher auf einen Mix aus beidem.

Besonders am Herzen liegen ihm die kleinen Orte. Doch egal, ob Küstenort, Großstadtpark oder Marktplatz: Überall bringt er Menschen mit seiner Musik zum Innehalten. Mit 51 Jahren denkt Lukas Schlattmann noch lange nicht ans Aufhören. Warum auch? Für ihn gibt es kein Ende der Arbeit – weil das, was er tut, keine Arbeit ist. Es ist sein Leben.

Quelle: Ann-Christin Frank, WN, 03.10.2025